Meine ganz persönliche Ewigkeit! Ein Interview mit Pater Burkhard Kaldenbach

Quelle: Distrikt Deutschland

MITTEILUNGSBLATT: Herr Pater Kaldenbach, Sie leiten das Seniorenheim St. Josef im schwäbischen Weihungszell. Was beschäftigt Sie als Seelsorger im Aller-Seelen-Monat November?

Pater Burkhard Kaldenbach: Der November ist seit je her der Monat, in dem uns die Kirche für die armen Seelen im Fegfeuer beten lässt und unser Beten mit reichen Ablässen verstärkt. Ich denke im November viel an die armen Seelen: Das sind diejenigen, die im Sterben nicht bereit sind, die Herrlichkeit Gottes zu schauen, weil sie durch noch abzubüßende Sündenstrafen gehindert sind, sich frei aufzuschwingen in die glückliche Gemeinschaft mit Gott und den Heiligen im Himmel.

Nicht nur für den Priester und Seelsorger, sondern für jeden Katholiken, der diesen Namen noch verdient, für jeden also, der sich mit den armen Seelen beschäftigt, muss eines klar sein: Ich will nicht ins Fegfeuer! Ich will bereit sein, wenn der Herr kommt, ihm ohne Zögern zu folgen.

MB: Wie kann man bereit sein?

Pater Burkhard Kaldenbach: Damit das gelingen kann, muss ich mich vorbereiten. Ich muss Vorsorge treffen. Dieses Thema geht uns alle an! Denn wir alle werden sterben.

So viele Male am Tag beten wir im „Ave Maria“: „Heilige Maria, Muttergottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.“

Auf die Stunde meines Todes kann ich mich intensiv und bewusst vorbereiten durch die Übungen der göttlichen Tugenden Glauben, Hoffnung und Liebe, durch das Gebet, die Sakramente und Sakramentalien – ein insgesamt christliches Leben.

MB: Das ist die – sicher elementare – geistliche Seite der Vorsorge… Es gibt aber auch noch den anderen Aspekt des Sterbens: nämlich die Zeit davor, die oft geprägt sein kann durch Krankheit, Schwäche, Pflegebedürftigkeit.

Pater Burkhard Kaldenbach: Es wäre einfach, wenn wir unsere Sterbestunde in den Kalender eintragen könnten – mit all den Umständen, die dazugehören: ob alt oder jung, ob lange leidend oder plötzlich, ob allein oder begleitet, ob bei klarem Verstand oder verwirrt, ob mit dem priesterlichen Beistand oder in der Gottesferne…

Wir kennen weder die Stunde noch die Umstände. Aber der liebe Gott hat uns einen Verstand gegeben, mehr oder weniger, je nachdem… Und der liebe Gott will, dass wir alle unsere Fähigkeiten, all unser Bemühen einsetzen, mit jenen Talenten arbeite, die er uns anvertraut hat.

Also stelle ich mir die wichtige Frage: Wenn ich nicht mehr selbst mein Leben gestalten kann, wer macht das dann für mich? Soll ein Betreuungsgericht einen vielleicht wildfremden Menschen von Amts wegen zu meinem gesetzlichen Betreuer bestellen, der dann für mich entscheidet, obwohl er eventuell weder meine Bedürfnisse, meine Wünsche, meine Abneigungen kennt?

Gehe ich nicht besser hin und bitte einen lieben Menschen, den ich aus der Familie, aus der Nachbarschaft, aus der Kapelle kenne, und bitte ihn, im Fall der Fälle an meiner Seite zu sein? Das muss ich regeln.

MB: Wenn ich in ein Heim muss, weil ich keinen habe, der mich pflegen will und ich allein daheim nicht mehr zurechtkomme: „Wohin soll ich mich wenden?“

Pater Burkhard Kaldenbach: Die Priesterbruderschaft hat in Weihungszell – zwischen Ulm und Memmingen – das Seniorenheim St. Josef ins Leben gerufen. Es wurde im Advent 1991 vor allem für Menschen geöffnet, die ihrem katholischen Glauben treu bleiben wollten – und der heiligen Messe aller Zeiten.

Ich muss für mich entscheiden, was auf dem letzten Wegstück auf Erden für mich das Wichtigste ist: ein Heim in meiner Heimat, wo mich ein Priester der Bruderschaft einmal im Monat besuchen, trösten und stärken kann mit den heiligen Sakramenten – oder das Haus der Bruderschaft, in dem ich täglich die heilige Kommunion empfangen darf, in dem Priester und Ordensschwestern mit mir unter einem Dach leben und mir beistehen.

Das Seniorenheim St. Josef gibt übrigens viermal im Jahr die „Einblicke“ heraus, eine kleine Zeitschrift, die den Interessierten über Fragen rund ums Alter und die Pflege informiert. Dieses Heft und weitere Informationen zum Seniorenheim können kostenfrei angefordert werden.

MB: Es ist so vieles zu bedenken. Was ist das Wichtigste? Worauf kommt es besonders an? Wo findet man die wirklich wichtigen Fragen beantwortet?

Pater Burkhard Kaldenbach: Die Priesterbruderschaft hat gerade für diese Themen eine ausführliche, leicht verständliche Informationsmappe herausgegeben. Dieser Ratgeber informiert rund um die Themen Vorsorge für den Krankheitsfall, Patientenverfügung, katholische Beerdigung und testamentarische Fragen.

Die Erfahrung in der Seelsorge zeigt leider, dass es häufig schwerfällt, uns schon jetzt mit Fragen auseinanderzusetzen, die uns erst im Ernstfall ereilen könnten. Doch tragische Unfälle oder der plötzliche Tod eines Menschen sind uns allen bekannt.

Vorsorge treffen sollte grade für uns Katholiken selbstverständlich sein. Wer weiß, was morgen kommt. Im Evangelium wird das klar kommuniziert: „Wenn der Hausvater wüsste, zu welcher Stunde der Dieb kommt, er würde sicherlich wachen und nicht in sein Haus einbrechen lassen.“

Wollen Sie auf dem Krankenbett einen „r.k.“ – also richtig katholischen –  Priester empfangen, der Sie mit den Sakramenten der Kirche reinigt und stärkt?

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte aus einem Krankenhaus: Aus Angst vor dem Tod eines Patienten, und um einen anderen Patienten im Zimmer nicht zu belasten, wurde der Sterbende kurz in die Besenkammer geschoben und dort vergessen. Er ist ganz alleine gestorben, ohne dass jemand einen Priester gerufen hätte. Das Personal pflegt dann zu erklären: „Es stand nichts davon in seiner Akte…“

Wenn Sie dann gestorben sein werden: Wollen Sie von einer mehr oder weniger frommen Frau begraben werden oder durch den Priester in einem Ritus, der von der unsterblichen Seele spricht? Soll Ihr Leib verbrannt werden oder wie bei Christen üblich, in geweihte Erde gelegt werden wie ein Samenkorn? Soll nach Ihrem Tod noch jemand an Sie denken und für Sie beten? Dann treffen Sie selbst dafür Vorsorge! Regeln Sie das selbst.

MB: Zur schweren Krankheit gehört doch auch die Krankensalbung, im Volksmund „Letzte Ölung“ genannt. Wann sollte man dieses Sakrament empfangen?

Pater Burkhard Kaldenbach: Solange man noch lebt… Die Sakramente sind für die Lebenden bestimmt. In schwerer Krankheit oder bei altersbedingter Gebrechlichkeit sollte der Katholik seinen Seelsorger um die Krankensalbung bitten.

MB: Ist eine eigenhändige Vorsorge für den Notfall nicht zuletzt auch eine Hilfe für die Angehörigen, die Familie?

Pater Burkhard Kaldenbach: Wie oft – ich habe das wieder und wieder erlebt – sind die Angehörigen im Notfall dann ratlos und überfordert! Auch im Sinne Ihrer Familie ist es ratsam, sich rechtzeitig zu fragen: Was passiert, wenn ich einmal nicht mehr selbst Entscheidungen treffen kann? Will ich meinen Kindern, meinen Nichten und Neffen zumuten, für mich zu bestimmen, was ich gerne gewünscht hätte?

Stellen Sie sich für Ihre persönliche Vorsorge die Fragen: Was passiert, wenn ich morgen sterben würde? Damit sollten sich nicht nur Alte beschäftigen. Jeder von uns kann schon morgen betroffen sein. Ohne Testament und Vorsorge kann es böse Überraschungen geben.

MB: Das kann man sicher noch ergänzen?

Pater Burkhard Kaldenbach: Ja, durch weitere Fragen an sich selbst: Wollen Sie es etwa irgendeinem Arzt frei überlassen, welche Maßnahmen er an Ihnen vornimmt? Wollen Sie nicht lieber selbst festlegen, wer für Sie Verfügungen treffen soll?

Gibt es Organentnahme gegen meinen Willen?

Was kann ich testamentarisch verfügen?

Ich kann Ihnen nur die schon erwähnte Broschüre „Meine Vorsorge“ empfehlen, der auch von katholischen Fachleuten verschiedener Richtungen geprüfte Formulare beigelegt sind. Oft helfen schon einfache Grundüberlegungen, um unnötige Komplikationen zu vermeiden.

MB: Warum macht sich die Bruderschaft die Mühe, einen solchen Ratgeber herauszugeben? Geht es da nicht vor allem um Erbschaften und Vermächtnisse?

Pater Burkhard Kaldenbach: Jeder von uns kennt den Begriff der Ersten Hilfe. So muss z.B. jeder, der einen Führerschein erhalten will, nachweisen, einen Erste-Hilfe-Kurs besucht zu haben. Warum? Um im Notfall helfen zu können, bis qualifizierte Helfer am Unglücksort eintreffen.

Es gibt leider keine „Letzte Hilfe“, das heißt Unterstützung für Menschen in der elementarsten Not der letzten Lebensphase. Oft sind da die Betroffenen alleine und wissen nicht, was sie tun sollen.

Hier will die Priesterbruderschaft „Letzte Hilfe“ leisten, den Menschen beistehen, die in Fragen Unterstützung brauchen, die ungewöhnlich und schwerwiegend sind.

MB: Können Sie ein Beispiel erzählen?

Pater Burkhard Kaldenbach: Eines? Dutzende! Da war ein katholisches Ehepaar, beide in die Jahre gekommen. Sie hatten, weil sie leider keine eigenen Kinder bekamen, katholische Schulen unterstützt. Und sie wollten ihr Vermögen für diesen Zweck einer Schule vermachen. Aber ein Testament hatten sie „noch nicht“ geschrieben. Dann starb plötzlich die Frau an Krebs, der Mann war so gebrochen, dass er bald danach auch starb. Statt an die katholische Schule ging das Vermögen an Großneffen und Großnichten.

Diese beiden Menschen hatten niemanden an ihrer Seite, der ihnen geholfen hätte, ihren tatsächlichen Willen zu Papier zu bringen.

MB: Warum sorgen so wenige Menschen vor für den Notfall?

Pater Burkhard Kaldenbach: Ein durchaus seriöser Herr meinte einmal zu mir: „Aber, lieber Pater! So viel Gottvertrauen muss man schon haben, dass alles gutgeht. Ich bleibe fit bis zum Ende.“

MB: Was haben Sie darauf geantwortet?

Pater Burkhard Kaldenbach: Ich habe die alte Geschichte erzählt von dem Pfarrer, der bei einem Versehgang mit dem Auto in ein Moor abrutschte und steckenblieb. Da kam die Feuerwehr vorbei, die gerade unterwegs zu einem Wohnungsbrand war und wollte den Pfarrer herausziehen. Der entgegnete nur: „Fahren Sie zu Ihrem Brand. Ich kann warten. Ich vertraue auf Gott.“ Nach einer Stunde kam die Feuerwehr zurück; der Pfarrer steckte schon etwas tiefer im Moor, sagte aber zur Feuerwehr: „Fahren Sie nur zum nächsten Einsatz. Ich kann warten. Ich vertraue auf Gott.“ Endlich kam die Feuerwehr zum dritten Mal zum Pfarrer. Sie fand weder ihn noch sein Auto. Das Moor hatte beide verschluckt. In der Ewigkeit angekommen, haderte der Pfarrer nicht wenig mit dem lieben Gott: „Ich habe so fest auf Dich vertraut! Und Du hast mich im Stich gelassen.“ Da erwiderte Gott: „Ich habe dich nicht im Stich gelassen! Ich habe dir dreimal die Feuerwehr geschickt…“

Man darf schon auch selbst tätig werden, ohne dadurch gegen das Gottvertrauen zu sündigen!

MB: Ein Schlusswort für unsere Leser?

Pater Burkhard Kaldenbach: Warten Sie mit der Vorsorge für schwere Zeiten nicht, bis diese eintreten. Es könnte zu spät sein. Selbst wenn Sie jetzt schon „alles regeln“: Sie müssen dann nicht gleich sterben und Sie haben immer die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen.

Die Distriktsitze in Deutschland, Österreich und der Schweiz vermitteln gerne Kontakte zu Patres und katholischen Juristen, die sich in dieser Materie sehr gut auskennen und Ihnen gerne weiterhelfen. Bestellen Sie erstmal kostenlos den „Ratgeber für Testament und Krankheitsvorsorge“. Machen Sie es nicht wie der Pfarrer im Moor: Jetzt ist die Feuerwehr gewissermaßen für Sie da!

MB: Danke für das Gespräch!