Erzbischof Marcel Lefebvre: Göttliche Weisheit erwerben

Quelle: Distrikt Deutschland

Aus einem Hirtenbrief vom 25. Januar 1948

Wer die göttliche Weisheit zu erwerben wünscht, muss auf den Priester hören, der die Unterweisung der Kirche verbreitet.

Der Priester verbreitet diese Unterweisung auf mehrfache Art: durch die Sonntagspredigt, die Predigt an Festtagen, durch die Fastenpredigten, durch seine Gespräche und seine Hausbesuche, bei denen er Ratschläge erteilt, Irrtümer zurückweist, den Weg der Wahrheit aufzeigt. Einige Gläubige nehmen die Gewohnheit an – die wir sehr bedauern – ohne vernünftigen Grund diejenige Sonntagsmesse zu wählen, bei der es keine Predigt gibt, um ihre Sonntagspflicht zu erledigen.

Außerdem lehrt der Priester durch den Katechismusunterricht für die Kinder und für die Erwachsenen. Bei dieser Gelegenheit erinnere ich die Eltern an ihre ernste Pflicht, die sie haben, ihre Kinder in den Katechismusunterricht zu schicken, auch in den fortführenden Glaubensunterricht. Die Glaubensunterweisung ist für ein Kind, das in einer öffentlichen Schule seiner Ausbildung folgt, genauso wichtig wie für dasjenige, das Schüler einer katholischen Schule ist. Mögen die Eltern alles, was in ihrer Macht steht, unternehmen, um das zu ergänzen, was in der Schule fehlt. Das ist eine ihrer wesentlichsten Verpflichtungen. Wir haben mit Freude feststellen können, dass opferfreudige Gläubige sich den Patres zur Verfügung gestellt haben, um sie beim Katechismusunterricht zu unterstützen. Sie sollen wissen, wie sehr ihre Opferbereitschaft Gott und der Kirche angenehm ist und dass sie den himmlischen Segen auf sich herabziehen.

Eine weitere Art der Unterweisung der Kirche geschieht durch das gedruckte Wort, sei es durch Bücher, Zeitschriften, Zeitungen oder andere Veröffentlichungen, die den Verstand erleuchten und ihm die Kenntnis der göttlichen Wahrheiten vermitteln.

Das goldene Buch der Gotteserkenntnis ist vor allem die Heilige Schrift. Seine Heiligkeit Papst Pius XII. sagt: „Die Bischöfe sollen alle Anstrengungen unterstützen, die von eifrigen apostolischen Seelen unternommen werden, zu dem löblichen Zweck, unter den Gläubigen die Kenntnis und Liebe zur Heiligen Schrift zu wecken und wachzuhalten. Sie mögen also diese frommen Vereinigungen begünstigen und unterstützen, die sich zum Ziel setzen, unter den Gläubigen Bücher der Heiligen Schrift zu verbreiten, vor allem der Evangelien, und die darüber wachen, dass sich dieses ehrfürchtige Lesen jeden Tag in den christlichen Familien vollzieht... Wie der hl. Hieronymus es sagt: „Die Unkenntnis der Heiligen Schrift bedeutet, Christus nicht zu kennen. Wenn es etwas gibt, das dem Menschen die Weisheit lebendig erhält in diesem Leben und ihn befähigt, die Seelenruhe zu bewahren inmitten der Leiden und Qualen dieser Welt, dann meine ich, dass dies in allererster Linie die Vertiefung in die Heilige Schrift ist und deren Durchdringung.“

Von ganzem Herzen ermutigen wir unsere Gläubigen, diese hervorragende Gewohnheit sich anzueignen, die von unserem Heiligen Vater angeraten wird, nämlich in der Familie einige Abschnitte der Heiligen Schrift zu lesen.

Meine lieben Brüder, lassen Sie nichts außer Acht, was Ihnen eine tiefergehende Kenntnis unserer heiligen Religion vermitteln kann und des Urhebers aller Gnaden: Unseres Herrn Jesus Christus.

Welche Kraft, welcher Trost! Welche Hoffnung in den Ängsten und Prüfungen ist der heilige katholische Glaube, der uns bereits jetzt in die Welt der Ewigkeit versetzt.

Wir müssen zur Sehnsucht nach der Kenntnis Gottes, zum Verlangen, aus der Quelle der Wahrheit zu schöpfen das Gebet hinzufügen, und zwar dasjenige des Blinden auf dem Weg nach Jericho, den Jesus fragte, was er wünsche: „Herr, dass ich sehe!“ Mit welchem Ton hat wohl dieser arme Blinde diese Worte gesprochen: „Dass ich sehe!“ Und doch handelte es sich nur um das Sehen vergänglicher Dinge. Wir sollten diese Worte wiederholen mit einer Inständigkeit und einer Bereitschaft des Herzens, die die Barmherzigkeit Gottes rühren! Bemühen wir uns, mit mehr Demut, mit mehr Reue zu beten während dieser heiligen vierzig Tage – „Gott verachtet ein demütiges und zerknirschtes Herz nicht“ –, damit das Licht der Weisheit und Erkenntnis sich in unseren Herzen erhebt wie ein Morgenrot des Friedens und des Segens, während wir darauf warten, dass der Tag des Herrn darin immer leuchte, in der glückseligen Ewigkeit.