Katholische Jugendbewegung (KJB) Die Macht des Gebets. Deutschlandtreffen

Quelle: Distrikt Deutschland

Helena Jocher über das KJB-Deutschlandtreffen

„Wenn ich erwach' am frühen Morgen, Herz Jesu, dann begrüß ich dich…“ – so erschallen die jugendlichen Stimmen in frühlingshafter Morgenstimmung. An diesem Samstagmorgen weihen rund 200 Jugendliche im Gebet vereint mit dem Morgengruß zum Herzen Jesu Gott den Tag. Getreu dem Leitspruch „Die Macht des Gebets“, wollen sie dieses Wochenende ganz besonders die innige Gottesbeziehung in den Mittelpunkt stellen. Denn dieser Leitspruch soll nicht nur dieses Wochenende, sondern von nun an das ganze Leben prägen.

In diesem Geiste füllte sich am ersten Wochenende im Mai (5.-7.5.2023) das St.-Theresien-Gymnasium in Schönenberg und sein Gelände mit Jugendlichen aus allen Ecken Deutschlands. Durch seine Nähe zum Haus Nazareth und den großen Räumlichkeiten erwies es sich als idealer Standort. Die Schülerinnen waren an diesem Wochenende nach Hause gefahren, sodass nun Platz war, die KJB Deutschland für ein Wochenende mit geistlichem Input, Austausch, Geselligkeit und Gebet einzuladen.

Was gehört zu einem Leben im Geiste Christi?

Ein fester Bestandteil eines Deutschlandtreffens ist selbstverständlich die Bildung. Vormittags durften die Jugendlichen aus mehreren Workshopangeboten wählen und zwei verschiedene Workshops besuchen. Im Fokus stand die gegenseitige Bestärkung im Ziel eines jeden KJBlers, nämlich die Herausbildung einer christlichen Persönlichkeit.

Einige Kurse wurden von KJBlern selbst geleitet. Hier ergab sich vor allem die Möglichkeit, sich über relevante Themen für das alltägliche Leben als KJBler mit anderen jungen Erwachsenen auszutauschen. So stellten sich die einen die Frage, wofür wir unsere Jugendzeit nutzen können und wie das Gebetsleben konkret im Alltag integriert werden kann. Nach einer Phase des Gedankensammelns durfte jeder Jugendliche einen eigenen individuellen Tagesplan für sein Gebetsleben ausarbeiten.   

Welches Ziel und welchen Nutzen das Gebet überhaupt hat und in welcher Intention und Form gebetet werden kann, konnte in Kleingruppen in einem weiteren Kurs erarbeitet und gegenseitig vorgestellt werden. Passend zum Jahresthema „Die Heilige Schrift“, leitete wiederum ein anderer KJBler einen Kurs, der die Auslegung der Bibel thematisierte. Dazu wurde der hl. Augustinus als Gewährsmann der Exegese herangezogen. Besonders interessant waren die Referate der Ordensschwestern.

Im Kurs der Schönenberger Dominikanerinnen wurden die Themen Theologie, Hl. Messe, Rosenkranz und Heilige Schrift angesprochen. Der Fokus lag hier insbesondere auch auf dem Missionsgedanken, sodass die Gespräche darin mündeten, wie und wo man den Glauben in der Welt weitergeben kann. Die Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. reisten aus Göffingen an, um mit den Jugendlichen Ideen zu sammeln, wie man unter anderem die kleinen Momente im Alltag nutzen kann, um zu beten und sich in die Gegenwart Gottes zu versetzen. Bei Schwester Michaela, Oblatin der Bruderschaft und hochverdiente ehemalige Schulleiterin in Schönenberg, konnte man zudem in einem sehr informativen Vortrag etwas über das Stundengebet erfahren.

Ein ganz besonderer „Workshop“ fand „auf Knien“ statt. In der großen Schönenberger Schul-Kirche leitete Pater Fabian Reiser eine Betrachtung. Vor dem Allerheiligsten durften die Jugendlichen ihre Herzen einmal auf etwas andere Weise zu Gott erheben. „Persönliches“ Gebet wurde hier wörtlich genommen, denn jeder Jugendliche durfte einmal zur Sprache bringen, wer Gott für ihn ist. Anbetung kann auch einmal darin bestehen, einfach „da zu sein“ und seine Zeit vor dem Allerheiligsten Gott zu schenken, ohne das Gefühl zu haben, lange Gebetstexte lesen zu müssen, in denen man sich womöglich verliert. Aus diesem Kurs nahmen die Jugendliche vor allem eine wichtige Erkenntnis mit: die Gemeinschaft mit Gott im Allerheiligsten ist das Essentielle.

Mit dem Heiligen Paulus auf Reise

Zwei einfallsreiche KJBlerinnen gestalteten das Nachmittagsprogramm und führten uns auf Missionsreise mit dem heiligen Paulus. An den kreativ gestalteten Stationen begegnete man als Gruppe verschiedenen Herausforderungen. Für eine Chance, beim bunten Abend später als Gewinner dazustehen, musste man also beispielsweise eine Bibelstelle pantomimisch darstellen, einen griechischen Text übersetzen, ein kreatives Zelt aus Schnüren und Plastikfolien bauen und dabei möglichst viele Punkte sammeln. Beim bunten Abend und dem anschließenden gemütlichen Beisammensein daraufhin fand das Samstagsprogramm seinen Ausklang.

Doch der wahre Kern des Treffens war die nächtliche Anbetung vor dem ausgesetzten Allerheiligsten in der Kirche. Zugeteilt in Zeitspannen von einer halben Stunde durfte jeder Jugendliche mindestens einmal in der Nacht Jesus persönlich Gesellschaft leisten und unseren Herrn und Heiland anbeten. Auf diese Weise wurde die ganze Nacht über dem Allerheiligsten durch uns Jugendlichen die Ehre erwiesen.      

Das Gebet: Mein persönlicher Zugang zu Gott

Durch den sehr tiefsinnigen Vortrag am Sonntagmorgen wurden die Herzen der Teilnehmer des Deutschlandtreffens ganz besonders für eine noch innigere Verbundenheit mit Gott begeistert.

Pater Fabian Reiser erinnerte die Jugendlichen daran, warum das Gebet im persönlichen Leben so wichtig ist. Denn wir glauben an ein ewiges Leben und haben auf Erden eine Mission zu erfüllen. Wir sind Pilger, die ihrer himmlischen Heimat entgegeneilen, wo unser großer und liebender Gott uns erwartet. „Wie sehr wollt ihr in den Himmel kommen?“ hallen die Worte des KJB-Priesters im mit Jugendlichen vollbesetzten Saal. Angestrengt sinnen die KJBler über diese unerwartete Frage nach. Eine Frage, die man sich als Christ wohl viel zu selten stellt und deren Antwort mit Sicherheit die wesentlichste ist in unserem Leben. „Zu 40%? Zu 80%? Oder doch wirklich zu 100%?“, hakt Pater Reiser nach. Wenn wir uns so sehr nach dem Himmel sehnen und hier unsere Bestimmung liegt, wollen wir diese Verbundenheit mit Gott nicht auch schon auf Erden leben? Ja, diesen Durst nach Glückseligkeit hat Gott in uns hineingelegt. „Wer kann uns dieses ewige Glück geben?“, führt der KJB-Priester weiter aus. Nur Gott allein, der sich uns schenkt. Deshalb macht er unsere ganze Erfüllung aus und ist das Ziel unseres Lebens.

„Wie das Kind suchen wir den Vater“, erklärt Pater Fabian Reiser weiter. Immer wieder finden wir in der Hl. Schrift, wie Jesus seine innige Vaterbeziehung zum Ausdruck bringt und uns damit zum Vorbild dient. Dies verdeutlicht er an der Stelle in der Hl. Schrift, an der Jesus sagt: „Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, so lass auch sie in uns eins sein“ (Joh 17, 20). Jesus geht es also um diese Einheit und Verbundenheit. Denn: Gott will, dass ich bin, dass ich eine Beziehung zu ihm habe und dass ich das Leben und das Glück in ihm finde.

Darauf aufbauend stellte sich an dieser Stelle des Vortrags nun die Frage: Was ist Gebet? Pater Reiser bezeichnet es als „vertrautes Zusammensein mit Gott“. Somit ist es nichts Mechanisches, sondern etwas ganz Persönliches, wie er betont.

Was macht nun unser Gebet aus? Im Vortrag wird dies begreiflich gemacht an den Stichworten: tiefste Vertrautheit und Authentizität. Was bedeutet es, „authentisch“ zu beten? Die Antwort ist: Gott „echt und ursprünglich“ zu begegnen. Das bedeutet, unsere Werte, Emotionen und Bedürfnisse auszudrücken. Somit also auch unsere Schattenseiten und Wunden zu zeigen und „sich nicht wie Adam und Eva aus Scham hinter dem Busch verstecken“. Gerade diese Scham bedeutet im Grunde genommen eine Abkehr von der Beziehung zu Gott, einen Widerspruch zu Gottes Wort, und nimmt uns den Mut, wirklich authentisch zu leben.   

„Seid ihr der Meinung, Gott ist der beste Papa?“, richtet Pater Reiser seine Worte an die aufmerksam lauschenden Jugendlichen. „Welches Gottesbild habe ich eigentlich?“, überlegt sich darauf wohl der ein oder andere. Die Frage regt die KJBler zum Nachdenken an. Doch was lehrt Christus seine Jünger? Das „Vaterunser“. Schon allein diese Worte geben Anlass zur Betrachtung. Er ist unser Vater, wir sind seine Kinder! „Das macht die Gottesbeziehung im Tiefsten aus“, hebt Pater Reiser hervor.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus all deinen Kräften.“ Was folgt daraus? Durch diese Worte können wir Kraft finden, dass wir uns nicht durch Zerstreuung entmutigen lassen und stattdessen auf ein Herzensgebet hinarbeiten. Und auch eine Erinnerung, Gott nicht aus unserem alltäglichen Leben auszuklammern! „Wenn ihr den Glauben lebt, strahlt ihr das aus!“, lauten die bestärkenden Worte unseres KJB-Priesters. Wir wollen KJBler sein, die das auch leben! Denn wir sind manchmal die einzige Bibel, die andere lesen. Also lassen wir uns deshalb durch die Worte unseres Jugendseelsorgers dazu inspirieren, die Herzen der Menschen durch ehrliche und liebende Überzeugung unseres Glaubens zu bewegen. Und lasst uns nach diesem Wochenende eine Sache ganz besonders mitnehmen: Die „Macht des Gebets“ wird daraus geboren, dass wir die Beziehung zu unserm Gott authentisch leben.